Aus dem Buch: Monographie des Kreises Wiedenbrück
Männer der Wirtschaft. Unternehmen der Gründerzeit
Siehe auch: www.eudur.de/unternehmen.html
Als die Berliner 1848 auf die Barrikaden kletterten, ging es auch in Wiedenbrück recht turbulent zu. Zeugen dieses Ereignisses sind die Chroniken. Daß man zu jener Zeit in der Kreisstadt aber auch handfest zu arbeiten verstand, davon zeugt der Turm der Pfarrkirche St. Aegidius. Denn ausgerechnet im Revolutionsjahr 1848 begannen die Wiedenbrücker mit dem Wiederaufbau ihres Kirchturms. Man muss es präziser sagen: In diesem Jahr begann Baumeister Georg Eustermann mit dem Turmbau.
Die altehrwürdige Kirche war in der Zeit von 1240 bis 1260 erbaut worden und Anno 1840 stellte man fest, daß der Turm so baufällig war, daß man das Läuten der Glocken einstellen musste. Zwar fuhr man im folgenden Jahr 25 Schichtruthen Steine aus dem Nagelschen Steinbruch in Stromberg herbei, um den Turm instand zu setzen, jedoch man fand bald, dass eine Reparatur nur Stückwerk sein würde, und so begann man im Oktober 1843, das Wahrzeichen der Stadt abzubrechen. Die Glocken wurden in einem vor dem Turm errichteten Bretterverschlag untergebracht, die Turmuhr auf dem Boden des Elverfeldschen Hauses (heute Haus Ottens genannt) sichergestellt, während man die beiden Schlagglocken vor dem Giebel des Hauses anbringen ließ. Den Auftrag zum Neubau bekam Georg Eustermann.
Die Eustermanns hatten zu jener Zeit schon in der dritten Generation ein Baugeschäft in Wiedenbrück. Stammsitz der Familie ist der Meierhof Gerling in Lintel. Am Rande dieses Stammhofes bauten um die Mitte des 17. Jh. vier Söhne, vier Höfe, die man nach ihrer geographischen Lage Nordgerling, Südgerling, Westergerling und Eustergerling benannte. Aus Eustergerling wurde in den folgenden Generationen Eustermann. Ein Spross dieses Stammes, Johann Ernst Eustergerling genannt Eustermann, wandte sich dem Maurerhandwerk zu und ließ sich 1788 als Maurermeister in Wiedenbrück nieder. Er lebte von 1759 bis 1814 und war mit Anna Catharina Neite vom Schlingenfeld in Ostlangenberg verheiratet. Ihr Sohn Johannes Eustermann (1790 bis 1856) übernahm den väterlichen Betrieb und übergab ihn 1846 seinem Sohn Georg, der zu dieser Zeit 27 Jahre alt war.
Georg Eustermann, der am 23. Januar 1819 geboren wurde, hatte sich auf seinen Beruf gut vorbereiten können. Nachdem er 1833 aus der Schule entlassen worden war, hatte er seine Lehre und einige Gesellenjahre absolviert. Im Schuljahr 1842/43 besuchte er die Gewerbeschule in Münster. Dazu musste ihm der Magistrat ein Führungszeugnis ausstellen und da die Eustermanns inzwischen zu den bekanntesten Familien der Stadt gehörten, war es für Bürgermeister Brüning sicher nicht schwer, zu bescheinigen, daß er „bisher bei seinem Vater gewohnt und einen moralisch guten und durchaus vorwurfsfreien Lebenswandel geführt“ hat. Auf der Schule, die Mathematik, Physik, Chemie, Schreiben, Deutsch, Geographie, Handzeichnen, Maschinenzeichen und Religion lehrte, führte sich Georg Eustermann ebenfalls ausgezeichnet; er gehörte zu den wenigen Absolventen, die nach Abschluss des Schuljahres öffentlich belobigt wurden. „Nur solche Schüler sind der bestehenden Sitte gemäß Ihres Wohlverhaltens wegen öffentlich gelobt, mit deren Betragen, Fleiß und Ordnungsliebe jeder ihrer Lehrer zufrieden war“ stellt der Dirigent der Anstalt, C. Busch, aus diesem Anlass fest.
Der junge Handwerker wendet sich wieder seinem Beruf zu. „Im Jahre 1845 habe ich für Deking in Gütersloh neues Haus als Probe Bau gemacht, auch für denselben eine große Scheune gebaut“, schrieb er in sein Tagebuch, das er bis zu seinem Tode führte. Dieser Bau war sicherlich für die Ablegung der Meisterprüfung notwendig, denn kurz darauf notierte er: „Im Jahre 1846 den 25. Juli. Examen gemacht als Maurermeister.“ Am 18. August 1846 heiratete Georg Eustermann die 24jährige Lisette Klenner aus Wiedenbrück.
Schon im ersten Jahr nach der Übernahme des Baugeschäftes zeigte sich der junge Baumeister sehr rührig. „Im Jahr 1846 für Kaufmann C. Schröder hier neues Wohnhaus gebaut“, notierte er in seinem Tagebuch, aber die folgende Aufzeichnung zeigte, daß Eustermann nicht nur Häuser bauen konnte: „In diesem Jahr auch die Eisenbahnbrücken gebaut von Wortmann an bis Ermel in Gütersloh.“ Seit diesem Jahr finden wir immer wieder Notizen über Brückenbauten für die Stadt, die Provinz und für Private. „Der Brückenbau bildet von da ab durch alle Generation bis zu den Brücken der Autobahnen von heute einen festen Bestandteil des Bauprogrammes“, konnten die Eustermanns zum 175jährigen Bestehen ihres Unternehmens stolz feststellen.
„Im Jahre 1848, den 18. März, brach die Revolution aus. Im Jahre 1848 hier beim Turmbau angefangen und am 13. November 1850 beendet“, schrieb Georg Eustermann wenige Zeilen weiter. Die Chronik weiß zu berichten, daß der Turmbau bereits im ersten Jahr so weit gefördert wurde, daß er bis zum Dach der Kirche reichte. Anno 1849 wurde mit dem Bau „tätigst“ fortgefahren und dieser bis auf 55 Fuß Höhe gebracht. 1850 sei nichts Bemerkenswertes geschehen, berichtet die Chronik und 1851 heißt es: „Der im Jahre 1848 begonnene Neubau wird vollendet; er zeichnet sich sowohl durch seine Dauerhaftigkeit als auch durch seine geschmackvolle Ausführung aus.“ Die Zeitdifferenz in den Aufzeichnungen des Georg Eustermann und der Chronik ist sicher so zu deuten, daß die Bauarbeiten am 13. November 1850 beendet waren, die Zimmer- und Dachdeckerarbeiten aber bis 1851 andauerten.
Zur Zeit des Turmbaues erlebte Georg Eustermann, der an sich nicht so leicht aus der Fassung zu bringen war, „den größten Schrecken seines Lebens“, wie er seinen Söhnen erzählt hat. Eines Abends nach Feierabend war er noch einmal auf das Gerüst geklettert, um sich von dem Fortgang der Arbeit zu überzeugen. Von oben genoss er einen herrlichen Blick über die Ackerbürgerstadt, als sich plötzlich hinter ihm etwas regte: seine kleine Tochter war ihm unbemerkt nachgeklettert, Stufe für Stufe, Leiter für Leiter. Gertrud war im Jahre 1847 geboren und konnte also allenfalls drei Jahre alt sein, so dass der Schreck des Vaters verständlich war. Übrigens blieb sie im Fach. Sie heiratete im Jahre 1872 den Baumeister Peter Büscher und wurde die Seniorchefin des bekannten Münsterschen Großbauunternehmers.
Der Bau des Kirchturms zu Wiedenbrück war nur ein Anfang. Innerhalb von 40 Jahren baute Georg Eustermann 21 Kirchen, sechs Kapellen und die Synagoge in Neuenkirchen. Fast die Hälfte von ihnen steht an der Ruhr und im weiteren Münsterland, in Wettringen und bei Neviges, in Hattingen und Rheine, in Hörde und Annen und in vielen anderen Orten. Die meisten der in jenen Jahren in den Kreisen Wiedenbrück und Beckum entstandenen Kirchen sind das Werk von Georg Eustermann. Oft waren zwei bis drei Kirchen und ebenso viele Wohnhäuser oder später auch Fabrikgebäude gleichzeitig im Bau, so daß aus dem Handwerksbetrieb schon in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts ein Bauunternehmen wurde. „Fabrikanten“, „Industrielle“, oder „Großhändler“, so stellt die Firmenchronik fest, sind die „Eustermänner“ aber trotz wachsender Größe ihres Betriebes nicht geworden. Sie blieben dem Lande verbunden, auf dem die Familie noch heute ausgedehnten Grundbesitz hat.
Georg Eustermann machte die Wege zu den Baustellen ausnahmslos zu Fuß. Er war ein Hüne von Gestalt, fast zwei Meter groß, mit leicht rötlichem Vollbart. Wenn er nach Münster ging, um sich von der Provinzialverwaltung Aufträge für öffentliche Bauten zu holen, nahm er frühmorgens einen derben Knotenstock zur Hand und niemand hätte es gewagt, den kräftigen Mann, der am Mittag des folgenden Tages oft mit einer größeren Geldsumme in bar zurückkehrte, auch nur anzurempeln. Überraschend tauchte er auf den weit auseinanderliegenden Baustellen auf, um nach dem Rechten zu sehen und immer erwies er sich als ausgezeichneten Fachmann, dem seine Leute nichts vormachen konnten.
Da alle Arbeit von Hand verrichtet wurde, ist es erklärlich, daß das Haus Eustermann zu jener Zeit bis zu 400 Arbeiter beschäftigte. Alle Materialien mussten damals im Gespann Zug über schlechte Straßen befördert werden. Dort, wo man heute Bauaufzüge einsetzt, kannte man in der zweiten Hälfte des 19.Jh. nur schräge Ebenen, auf denen mit Muskelkraft das Material hochgeschafft wurde. Und Georg Eustermann packte selbst mit zu. Dabei war er durchaus ein Freund der Geselligkeit. Oft trank er zum Dämmerschoppen bei Roers seine zwei Schnäpse und dann ging er mit der Bemerkung: „So, jetzt häw ick se alle an’t Lachen, nu kann’ck gohn!“
Das vom Vater oder sogar vom Großvater erworbene Haus am Ostwall Nr. 20 wurde für den wachsenden Geschäftsbetrieb zu klein. 1857 kaufte Georg Eustermann das Haus Marienstraße 20 von dem Tischler Franz Ebbers. Es blieb bis 1900 im Familienbesitz. Bereits 1849 war der junge Baumeister als Feuerschauer angesetzt worden, am 2.Dezember 1862 wurde er zum Gerichtstaxator ernannt und „am 2.November 1875 bin ich als Gemeindevertreter hiesiger Pfarrgemeinde angesetzt“, vermerkte er nicht ohne Stolz in seinem Tagebuch, das auch genaue Aufzeichnungen über Brände und Überschwemmungen enthält: „Im Jahre 1856, den 16.Dez, brannten in Rheda16 Gebäude abends 11Uhr ab. Im Jahre 1857, den 4. Oktober, brannten hier in Wiedenbrück am Neu Thore 13 Häuser und drei große Scheunen des Nachts 2 Uhr ab. Im Jahre 1858, den 4. März brannten auf Stromberg acht Häuser und drei Scheunen des Nachts 2 Uhr ab, im Jahre 1868 desgleichen wiedersieben Häuser“, lesen wir in dem Tagebuch unter anderem. Manchmal folgt der Zusatz: davon habe ich…wieder aufgebaut.
Man kann dieses Tagebuch als ein Dokument eines erfüllten Lebens bezeichnen. Es führt ungezählte Bauwerke auf, die der erste Bauunternehmer des Kreises Wiedenbrück errichtete, Kirchen und Kapellen, Wohnhäuser und Lagerhäuser, Scheunen, Fabrikgebäude und Bierkeller, Straßen- und Bahnbrücken. Sie stehen noch heute, hundert und mehr Jahre nach ihrer Errichtung als steinerne Zeugen des Werkes eines Mannes, der bis in sein hohes Alter hinein erfolgreich geschafft hat.
Noch 1890, als Georg Eustermann 71 Jahre alt war, finden wir diese Aufzeichnungen: „Im Jahre 1890 einen Ladenanbau gemacht für Clemens Druffel, ein neues Haus gebaut für Roxel im Kirchspiel Stromberg, desgleichen für Forthaus in Langenberg und Schmied Golbeck, desgleichen für Apotheker Kamphanger in Rheda. Für Großegesse hier Wohnhaus umgebaut, desgleichen für die Provinz eine Brücke bei Hamm und für Joh. Schürbrock in Laer ein Wohnhaus“. Ein Jahr später schloß einer seiner beiden Söhne die Eintragungen mit dem Vermerk: „Vater gestorben am 16. April, nachts dreiviertel vor Zwölf Uhr.“
Ein Jahr vor seinem Tode, 1890, hatte Georg Eustermann das Baugeschäft seinem Sohn Josef übergeben. Um diese Zeit wurden 400 Bauarbeiter beschäftigt. Josef Eustermann, der damals 24 Jahre alt war, zeigte sich sowohl fachlich als auch im Wesen seinem Vater ebenbürtig. Im ganzen Kreis Wiedenbrück und weit darüber hinaus kannte man diesen echten Sohn seiner Heimat, der zur rechten Zeit das rechte Wort fand. „Für die Bewohner des Wiedenbrücker Landes und darüber hinaus ist sein Name längst zum Symbol einer zähen, unverwüstlichen Schaffensfreude und eines überall anerkannten, wirklichen Könnens geworden“, urteilt die „Glocke“. Obwohl er Kirchen und ganze Siedlungen, Geschäftshäuser und Banken. Wohn- und Bauernhäuser – oft nach eigenen Entwürfen – baute und Hunderte von Arbeitskräften beschäftigte, saß er nicht „auf hohem Roß“. Bauwilligen, die nur ein kleines Häuschen bauen wollten und die vorsichtig anfragten, ob das Projekt nicht zu klein für die große Firma Eustermann sei, antwortete er :“Küert nich, wie makt jeds Mauseluoch tou!“, und Sonntags kamen sie zu ihm, um Rat zu holen, nicht nur in Bauangelegenheiten, sondern in allen Fragen des täglichen Lebens, denn Josef Eustermann – wie auch seine Vorfahren – Vertrauen. „Seine Stimme wird nicht gezählt, sondern gewogen“, schrieb ein zeitgenössischer Berichterstatter.
Auf diesem soliden Fundament konnte er weiterbauen. Schon vor dem ersten Weltkrieg wurden ein eigenes Betonwerk in Wiedenbrück und eine Ziegelei in Herzebrock in Betrieb genommen. Mit einem Cowi-Ballonrad (Fahrrad der Firma Carl Ottens Wiedenbrück), das für ihn typisch werden sollte, fuhr er von Baustelle zu Baustelle. Obwohl er nicht gerade zimperlich war (oder gerade deshalb?) wurde er mit seinen Leuten glänzend fertig. „In düt Tempo geiht’t nich widder, dann sin wi pleite“, war eine seiner „ermunternden“ Zurufe, die seine Mitarbeiter öfter als einmal zu hören bekamen.
Ungezählte Anekdoten machen in Wiedenbrück und Umgebung die Runde. Eines Tages, so erzählt man sich, kamen zwei zur Sandkuhle geschickte Fuhren nicht rechtzeitig zurück. Josef Eustermann schwang sich auf sein Fahrrad und als er die Männer am Sandberg antraf, rief er ihnen schon von weitem zu: „nu men tau,nu män tau! Wenn ji kein Schniegel begiegnet, kreig ji kein tou seihen, üöwehalen dou ji kieneinen!“ und ein vielfältiges Echo fand wohl sein berühmtester Ausspruch, der inzwischen in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen ist:“ Nich sao viel köiren – mehr möiern!“ Josef Eustermann hatte ihn in den zwanziger Jahren in aller Öffentlichkeit unter dem Beifall einer großen Zuhörerschaft gebraucht, als der Westdeutsche Rundfunk das große Schützenfest der St. Sebastianer Schützengesellschaft übertrug, dessen Oberst er 28 Jahre lang war. Es waren wohlgesetzte Reden gehalten worden, der Oberst aber trat ans Mikrophon und verkündete, er habe nicht vor, eine lange Rede zu halten, denn sein Wahlspruch sei – ins Hochdeutsche übersetzt – „Nicht so viel reden – mehr mauern!“
Nach dieser Devise hat er sein Leben lang gehandelt. Er redete nicht viel, aber was er sagte hatte Hand und Fuß. Unverblümt sagte er auch bei Behörden seine Meinung. Mit Götz Zitat beendete er einmal eine scheinbar gute Geschäftsverbindung und als sich später herausstellte, daß sein Mitbewerber, der den Auftrag erhalten hatte, einen nach Hunderttausenden Schaden erlitt, da sagte man in Wiedenbrück: “De Aistermann hät doch ne fine Niäse hat!“
Noch 83jährig inspizierte er mit dem Fahrrad die Baustellen und zu seinem 85. Geburtstag schrieb die Zeitung, “daß es sich bei unserem in Stadt und Land geschätzten Geburtstagskind um einen Mann von solcher Volkstümlichkeit handelt. Wie sie einem Wirtschaftsführer seiner Prägung wohl nur selten eigen ist. Diese Tatsache tritt vor allem in Erscheinung bei der großen Vorliebe, die sich Josef Eustermann sein ganzes Leben hindurch für unsere gute plattdeutsche Muttersprache bewahrt hat. Ihrer bedient er sich stets am liebsten, zu Hause, im Büro, auf dem Bau und auch bei Verhandlungen und Besprechungen. Und es kam schon mal vor, daß er, wenn es ihm bei Verhandlungen allzu langweilig zuging und ein allzu pedantischer St. Bürokratismus vor lauter Bedenken, Überlegungen und Paragraphen nicht mehr ein und aus wusste, auf den Tisch klopfte und meinte: dat is ja alles Quatkerigge; doumet kuemt wi nich wieter. Nou lautet us maol vernünftig üöwer de Sake küern. Mine Meinung is….‘ Dann machte der alte Praktiker, der Fachmann von der Pike auf, seine Vorschläge und kam bald zum Ziel.“
Nur wenige Monate nach diesem Tage, am 12. März 1952, schloss Josef Eustermann die Augen für immer. „Einen Tag nach seinem 85. Geburtstag besuchten wir Ihn“ schrieb ein Chronist, „er war guter Dinge und sehr erfreut über die zahllosen Aufmerksamkeiten, die ihm zu seinem Ehrentage zuteil geworden waren. Er erzählte vergnügt aus seinem Leben, das er auf Gottvertrauen, Fleiß und persönliches Können aufbaute. Man muss staunen über sein Gedächtnis und sein nach wie vor lebhaftes Interesse für die Vorgänge des öffentlichen Lebens, vor allem für die, die seine Heimatstadt betrafen. Das war noch immer der lebendige, elastische und humorvolle Heimat- und Volksverbundene Josef Eustermann, wie wir ihn seit den Jugendtagen kennen und schätzen und wie er in der Erinnerung seiner vielen Freunde und Bekannten weiterleben wird.“
Heute leitet die fünfte Generation der Eustermänner, wie sie sich selbst nennen, das Unternehmen. Die Brüder Josef und Hermann Eustermann haben wie ihre Vorväter von der Pike auf gedient. Mit Josef Eustermann, der 1926 in das elterliche Geschäft eintrat, begann im heimischen Raum erst der Stahlbetonbau und die moderne Statik. Zahlreiche Erfindungen und Verbesserungen gehen auf ihn zurück; viele bedeutende Ehrenämter wurden ihm anvertraut. Mit beinahe ebenso vielen Beschäftigten, wie sie Großvater Georg hatte, wird heute Dank der Technisierung der Bauwirtschaft ein Vielfaches an Leistung erreicht. Bis zu 2000 Sack Zement verbraucht das Gesamtunternehmen heut täglich auf den Baustellen und in zwei eigenen Betonwerken. Das Schwergewicht liegt aber nach wie vor „am Bau“. Sechs Zehntel der Kapazität des Betriebes entfallen auf das Baugeschäft, auf die Zimmerei und die Tischlerei, drei Zehntel auf die Betonwerke und ein Zehntel auf den Baustoffhandel. Wie zu Großvater Georgs Zeiten entstehen unter der Hand der Eustermänner Kirchen, Wohn- und Geschäftsbauten, Werkhallen und Brücken. „Wenn man sagt, daß die Firma Eustermann das heutige Landschaftsbild mitgeprägt hat, so steckt viel Wahres darin“, stellte man zum 175jährigen Bestehen des Unternehmens fest. Und wenn spätere Generationen an den Bauten unserer Zeit etwas über unseren Lebensstil abzulesen versuchen, dann werden sie oft die Handschrift der Eustermänner als charakteristisch für diese Zeit finden.
Chr. Beilmann