Lebendige Geschichte im Kloster Wiedenbrück

  • Beitrags-Kategorie:Heimatkunde

Die Franziskaner sind ein Bettel- und ein Missionsorden. Sie wurden über Jahrhunderte von der Wiedenbrücker Bevölkerung mit Lebensmitteln versorgt, dafür kümmerten sie sich um das Seelenheil der Bevölkerung.

Ein Beispiel für die Bereitstellung von Lebensmitteln ist das Grundnahrungsmittel Milch. Die Franziskaner hatten zwar neben dem eigentlichen Klostergarten, unter anderem bepflanzt mit Küchenkräutern und Blumen für die Paterskirche, einen zweiten Garten an der Hellingrottstraße, sie besaßen aber keine Weiden und keine Kühe. Herr Karweger erzählt von seiner Jugend in Lintel und davon, wie selbstverständlich das Franziskanerkloster in die Versorgung eingebunden war:

„Die Franziskaner waren maßgeblich darauf angewiesen, dass sie auch durch die Bevölkerung hier ringsrum unterhalten wurden. Und da ging es insbesondere um Nahrungsmittel, die ja hier bei den Bauern erzeugt wurden, Milch. Kartoffeln. Es gab auch Gemüse und Eier. Vieles haben die Franziskaner, die hatten einen großen Garten ja auch, selbst gezogen an Gemüse und so weiter. Da war also der Bedarf nicht so groß. Aber ich kann mich noch gut dran erinnern, dass der Milchbauer, der bei uns die Milch einsammelte und zur Molkerei nach Wiedenbrück hier am Hellweg, Ecke Schanze, gebracht hat.

Werbung von 1913 für die Wiedenbrücker Molkerei, heute Farben Brentrup

Und das geschah damals so: ein Bauer aus Lintel, der ziemlich an der Ostseite in Lintel wohnte, fuhr die Varenseller Straße entlang und sammelte die Milch, die in Milchdüppen, so hieß es auf Platt, in Milchkannen an der Straße standen, von den Bauern da hingestellt wurden. Sammelte die auf und brachte die Milch hier zur Molkerei. Fuhr in Wiedenbrück die Mönchstraße mit seinem Milchwagen lang, das war damals keine Einbahnstraße, und kam am Kloster vorbei. Und hat da regelmäßig, Tag für Tag dort bei den Franziskanern morgens frische Milch abgeladen. Und die Milch: da gab es eine Absprache bei den Milchbauern, dass die leere Kanne nachher auf der Rückfahrt des Milchbauern wieder bei einem Bauern, der nun sich bereiterklärt hatte, Milch für die Franziskaner zu liefern, abgesetzt wurde. Und wenn wir die Milchkanne bekamen, das war eine Zehnliterkanne, die bei uns dann zu unseren leeren Kannen, die zurückkamen, stand, da wussten wir genau: Aha. In dieser Woche, für eine Woche galt das dann immer, sind wir dran und liefern Milch an die Franziskaner.

Da wir nur ein kleiner Bauer waren, haben wir das zusammen mit unserem Nachbarn gemacht. Das war auch abgesprochen. Wir haben die Kanne, die Zehnliterkanne, zur Hälfte gefüllt, also fünf Liter, und fünf Liter unser Nachbar. Die Kanne war gekennzeichnet. Jeder wusste: das war die Kanne für die Franziskaner. Und dann fuhr der Milchbauer wieder nach Wiedenbrück. Und an der Klosterpforte in Wiedenbrück hat er die Milch abgeliefert.“

Im Kloster wurde tatsächlich diese Kanne wiederentdeckt. Sie war zwar zum Regenschirmständer degradiert aber sie war noch da und stand im Eingangsbereich. Eine Recherche ergab, dass es keine andere als Klosterkanne gekennzeichnete Milchkanne gibt.

Detail der Milchkanne

Wenn Sie im Kloster eine Führung buchen werden Sie diese und eine zweite Kanne sehen, die hier Andreas Kirschner in ihrer alten Umgebung, der Klosterküche, fotografiert hat.

Foto: Andreas Kirschner